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»Man sollte sein Leben nicht für den Job riskieren.«

Glücksbringerin Julia Bothur

Julia Bothur ist als erste Frau zum Mitglied im Vorstand des Bundesverbands des Schornsteinfegerhandwerks gewählt worden. Als Schornsteinfegermeisterin hat sie wenig weibliche Vorbilder. Erst ab den 1970er-Jahren gab es vereinzelt Schornsteinfegerinnen mit Kehrbezirken. Und auch im Jahrgang 2021 waren von knapp 1800 Auszubildenden lediglich rund 250 weiblich. 

Was bedeutet dieses Amt für Sie in diesem traditionell männlich geprägten Beruf? 
Es ist zwar eine große Ehre, aber heute doch eine Selbstverständlichkeit, dass auch Frauen solche Positionen innehaben. Meine Eltern haben mir beigebracht: Du bist, was du machst. Ich habe meinen Beruf immer sehr, sehr gerne gemacht. Jetzt hat es sich ausgezahlt. 

Was gefällt Ihnen am Beruf der Schornsteinfegerin? 
Nicht nur mein Vater, sondern auch meine ältere Schwester und mein Schwager arbeiten im Schornsteinfegerhandwerk. Wir wohnen alle nah beieinander, auch meine Nichte erlernt diesen Beruf. Mein Vater war immer glücklich und gut gelaunt, da habe ich mir gedacht: Dann kann dieser Beruf nichts Verkehrtes sein. Ich mag zum Beispiel den Umgang mit den Kunden. 

Sie sind oft auf Dächern unterwegs: Wie gehen Sie damit um, dass Sie abstürzen könnten? 
In unserem Handwerk legen wir viel Wert auf Arbeitsschutz. Zudem reduzieren sich die Arbeiten, die man auf dem Dach durchführen muss, von Jahr zu Jahr. Man kann zum Beispiel auch Schornsteine vom Dachboden aus fegen. Klar muss ich schwindelfrei sein. Wir haben Sicherheitsregeln, Betriebsanweisungen und Vorschriften. Die sollten sowieso alle befolgen, die abstürzen könnten. Man sollte sein Leben nicht für den Job riskieren. 

Wenn Sie ausbilden, welche Rolle spielen dann die Themen Arbeitssicherheit und Gesundheitsschutz? 
Ich habe zurzeit einen Azubi im dritten Lehrjahr. Beim Ausbilden ist mir Arbeitsschutz ebenfalls oberstes Gebot und ich vermittle die Arbeitsschutzregelwerke für das Schornsteinfegerhandwerk. Ich möchte den jungen Leuten beibringen, dass sie keine Angst haben müssen und dass sicheres Arbeiten möglich ist. Bei einem Einfamilienhaus zum Beispiel lernen sie genau, wie sie die Leiter sicher anlegen und wie sie sich sicher auf dem Dach bewegen können. Sie gehen nicht sofort auf das Dach, sondern lernen es nach und nach. 

Wie finden Sie es, dass Sie traditionell als Glücksbringerin gelten? 
Großartig. Es ist mir eine große Freude, eine Schornsteinfegerin zu sein. Ich werde fast täglich von anderen Menschen in den Arm genommen. Ich persönlich liebe das. Es soll auch Glück bringen, wenn man an den goldenen Knöpfen unserer traditionellen Arbeitskleidung reibt. 

Und Ihre Botschaft für das kommende neue Jahr? 
Ich wünsche allen Gesundheit. Denn wenn man nicht gesund ist, kann man auch nichts anderes machen. Und ich wünsche allen einen zufriedenen Start in das neue Jahr!